Das YCV-Modell umfasst einen Planungshorizont über einen Zeitraum von 10 Jahren. Grundsätzlich könnte ein kürzerer oder längerer Planungshorizont verwendet werden.
In jedem Fall stellt sich die Frage, was am Ende der letzten Planungsperiode passieren soll. Welcher Wert kann für das Unternehmen am Ende der Detailplanung angesetzt werden („Terminal Value“)?
Durchaus vorstellbar ist die Annahme, dass das Unternehmen am Ende der Detailplanung liquidiert wird. Für eine solche Annahme wären Marktpreise der Vermögensgegenstände zu kalkulieren und die Verschuldung nebst Abwicklungskosten zu subtrahieren. Es resultiert ein Netto-Cashflow, der auf den Bewertungsstichtag diskontiert werden kann.
Typischerweise wird in der Bewertungspraxis hingegen angenommen, dass das zu bewertende Unternehmen ewig fortbesteht, zumindest liegt kein Enddatum vor (nur bei negativen Wachstumsraten).
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach einem „ewigen“ freien Cashflow und einer ewigen Wachstumsrate („g“) für diesen Cashflow. Rein technisch erwirbt der Aktionär eine unendliche Rente.
Auf den ersten Blick erscheint dieser Ansatz wagemutig und weit hergeholt. Was existiert schon bis in die Unendlichkeit? Unternehmen ganz sicher nicht.
Wer hingegen die Wirkung und Mathematik einer ewigen Rente versteht, kommt mit diesem bewertungstechnischen Ansatz gut zurecht: Da sämtliche Cashflows auf den Bewertungsstichtag diskontiert werden, sind die weit in der Zukunft liegenden Cashflows im Barwert immer weniger spürbar, in der fernen Zukunft de facto irrelevant. EUR 1,0 Mio. in 10 Jahren sind bei einem Diskontierungssatz von 8% heute EUR 0,46 Mio. wert (Barwert), der Barwert bei 30 Jahren beträgt nur noch EUR 0,1 Mio., bei 100 Jahren ganze EUR 455 (keine Mio.!).
Ewige Rente
Das YCV-Modell ermittelt den „Terminal Value“ am Ende des letzten Planungsjahres (LTM+10) mit Hilfe der Ewigen Rente und einer in der Praxis sehr anerkannten Vorgehenseise.
Entgegen häufig erlebter Bewertungsmodelle nutzt das YCV-Modell zur Herleitung der Ewigen Rente ausdrücklich nicht den freien Cashflow der letzten Planungsperiode. Hintergrund sind die (implizit) individuellen Annahmen zu Investitionen und Abschreibungen in einer Finanzplanung.
Ein Unternehmen kann auf Dauer nur abschreiben, was zuvor investiert wurde. In der Ewigkeit können Abschreibungen die Investitionen nicht übersteigen. In der Praxis sind an dieser Stelle häufig Fehler zu erleben. Wird ein ewiges Wachstum unterstellt, muss die erläuterte Reinvestitionsquote positiv sein.
Zur Berechnung der ewigen Rente wird zunächst der Umsatz LTM+10 um die ewige Wachstumsrate „g“ (2,4%) erhöht: EUR 25.449 Mio. *1,024 = EUR 28.069 Mio. (Im Grunde der Umsatz für LTM+11) Wie erläutert entspricht der Wachstumsfaktor „g“ im YCV-Modell maximal dem risikolosen Zinssatz.
Zur Berechnung des EBIT wird dieser Umsatz mit der zuletzt verfügbaren EBIT-Marge nach Sondereffekten multipliziert („eingeschwungener Zustand“): EUR 28.096 Mio. * 11,05% = EUR 3.105 Mio.
Nun sind die Steuerzahlungen zu berücksichtigen, im YCV-Modell immer der Grenzsteuersatz, der sich ein Unternehmen gemäß Bewertungsansatz in der Ewigkeit nicht entziehen kann. EBIT-T = EUR 3.105 Mio. * (1-30%) = EUR 2.174 Mio.
Nun sind ewige „Nettoinvestitionen“ zu berücksichtigen. An dieser Stelle kommt der erläuterte Zusammenhang zwischen Wachstum und Rendite zum Einsatz: Nettoinvestitionen = EBIT-T * Wachstumsrate / Gesamtkapitalrentabilität
Berechnungsbeispiel
Für die Formel zur Berechnung der ewigen Rente wird im YCV-Modell die Gesamtkapitalrentabilität übernommen, die im Zusammenhang mit der Herleitung der Nettoinvestitionen verwendet wurde.
Beim erläuterten Beispiel beziffert sich ROCE in LTM+10 auf 22,0%, alternativ könnten die geschilderten 37,5% eingesetzt werden, was zu deutlich geringen „ewigen“ Nettoinvestitionen führen würde.
Das YCV-Modell setzt an dieser Stelle einen konservativen Ansatz. Die zur Herleitung ewiger Nettoinvestitionen zu Grunde gelegte Verzinsung des gebundenen Kapitals soll maximal das Doppelte der WACC in LTM+10 betragen.
Bewertungstechnisch wird demnach sichergestellt, dass erhebliche Überrenditen dem Unternehmen irgendwann streitige gemacht werden. Im Berechnungsbeispiel beziffert sich die verwendete Rentabilitätskennziffer auf 2 * WACC = 2 * 7% = 14%
In der Beispielrechnung ermitteln sich die ewigen Nettoinvestitionen mit Hilfe der vorgestellten Formel Nettoinvestitionen = EBIT-T * Wachstumsrate / Gesamtkapitalrentabilität Nettoinvestitionen = EUR 2.174 Mio. * 2,4% / 14% = EUR 363 Mio.
Die resultierende ewige Rente (EUR 2.174 Mio. minus EUR 363 Mio. = EUR 1.810 Mio.) liegt damit vor und dient als Basis zur Berechnung des Terminal Value, wie nachfolgend erläutert.
Terminal Value
Die Ewige Rente drückt den zukünftigen freien Cashflow im eingeschwungenen Zustand aus, der Eigen- und Fremdkapitalgeber „ewig“ zur Verfügung steht.
Um eine unendliche Reihe von Cashflows zu diskontieren, ist der Cashflow schlicht durch den Diskontierungsfaktor zu dividieren. Das ist reine Mathematik, keine Erfindung im Corporate Finance.
Soll dem unendlichen Cashflow ein ewiges Wachstum (in Höhe des risikolosen Zinses) zugebilligt werden, so ist der Diskontierungsfaktor um den ewigen Wachstumsfaktor „g“ zu reduzieren, reine Mathematik.
DCF-Modelle mit einem zu hohen ewigen Wachstumsfaktor „g“ führen zu ungerechtfertigten Ergebnissen. An dieser Stelle erlebt die Corporate Finance Praxis viel „Schindluder“.
Die Formel zur Berechnung des Terminal Value lautet beim vorliegenden Beispiel: Terminal Value = Ewige Rente / (WACC – g) Terminal Value = EUR 1.810 Mio. / (14% – 2,24%) = EUR 38.537
Der berechnete Betrag ist der Terminal Value zum Ende der letzten Planungsperiode LTM+10. Dieser Wert steht neben den jährlich kalkulierten freien Cashflows zur Diskontierung auf den Bewertungsstichtag zur Verfügung (Diskontierungsreihe).
In der Bewertungspraxis wird der Terminal Value häufig mit Hilfe eines Multiplikators z.B. auf EBITDA oder EBIT der letzten Planungsperiode berechnet. Begründet werden Multiplikatoren meist mit historischen Durchschnitten oder einem Branchendurchschnitt. Ein solches Vorgehen löst sich vom intrinsischen Ansatz. Bei der Nutzung eines Multiplikators fällt ein DCF- Modell ins „Pricing“ zurück und dies an einer bedeutsamen Stelle. Selbstverständlich kann der berechnete Terminal Value am Ende einer Bewertung durch EBITDA oder EBIT dividiert werden, um eine Kennzahl zu erhalten. Der Multiplikator sollte jedoch eine Resultierende sein und kein Ansatz zur Berechnung eines Barwertes.