Investment-Philosophien
An Aktien interessierte Privatanleger werden mit Empfehlungen und Ratschlägen überhäuft. Das Angebot von Beratern, Plattformen und Portalen im Internet ist unüberschaubar groß. Viel Erhältliches ist jedoch wenig gehaltvoll. Selbst die etablierten Printmedien kommen unentwegt zu unterschiedlichen und sich häufig widersprechenden Einschätzungen. Künstliche Intelligenz kann sinnvoll eingesetzt werden, Ergebnisse sind stets zu hinterfragen. Die Herangehensweisen und Begründungen zur Auswahl von Aktien sind sehr unterschiedlich und basieren auf verschiedenen Philosophien.
Investitionsstrategien wie „ausgewogen“, „konservativ“ oder „wachstumsorientiert“ sagen nichts darüber aus, wie eine Meinung zur Auswahl von Aktien überhaupt zustande kommt. Aufschlussreicher sind vier klassische Investment-Philosophien: Value, Quality, Growth und Momentum. Wer über Aktien spricht, sollte vorab erkennen lassen, welcher Ansatz verfolgt wird. Der interessierte Anleger sollte sich vor Augen führen, ob er den Ansatz versteht und folgen mag.
Diskussionen darüber, welche Philosophie langfristig überlegen ist, gleichen häufig einem Glaubenskrieg. Ferner wird stets darüber spekuliert, ob z.B. eine Phase für Wachstumstitel oder eine Phase für Value-Titel bevorsteht.
Es folgen Erläuterungen zu den vorgenannten Investment-Philosophien und eine Einordnung, wann und wofür intrinsische Unternehmensbewertung eine Rolle spielt.
- Value
Beim Value-Investing steht der Wert des Kaufgegenstandes im Vordergrund, im vorliegenden Fall die Aktie eines börsennotierten Unternehmens. Value-Investoren unterstellen, dass sich der Wert einer Aktie vom Börsenkurs unterscheiden kann. Liegt der Aktienwert über dem aktuellen Börsenkurs, ergibt sich eine Kaufgelegenheit. Ein Erfolg stellt sich ein, sofern die Börse den Aktienwert honoriert und einholt oder gar übertrifft. Der Wert einer Aktie ergibt sich aus dem Wert des Unternehmens und dieser kann professionell berechnet werden, wobei es den einen objektiven Unternehmenswert nicht gibt.
Die in der vorliegenden Unterlage vorgestellte Methodik ist dem Value-Investing zuzuordnen. Die drei nachfolgend erläuterten Ansätze verdeutlichen, dass für viele Anleger der Wert einer Aktie nicht das ausschlagende Erwerbsmotiv darstellt, wobei Qualitäts- oder Wachstumsaktien sehr wohl unterbewertet sein können.
- Quality
Investoren, die auf sogenannte Qualitätsaktien setzen, müssen sich nicht unbedingt von einer Unterbewertung überzeugen lassen. Vielmehr besteht das Motiv zum Erwerb einer Aktie in der Stabilität des Unternehmens, die anhand der Historie oder anhand bestimmter Finanzkennzahlen nachgewiesen wird. Hierzu gehören typischerweise stabile Margen, ein geringes Kurs-Buchwert-Verhältnis, eine attraktive Verzinsung des eingesetzten Kapitals oder geringe Verschuldungskennziffern. Vielfach spielen auch schlicht Produktmarken oder nachhaltige Dividendenzahlungen eine Rolle. Im Vergleich zum Value-Ansatz wird jedoch nicht hinterfragt, ob die erwartete Zukunft eines Unternehmens den für eine Aktie vom Markt geforderten Preis rechtfertigen kann.
- Growth
Viele Investoren entscheiden sich bewusst für sogenannte „Wachstumstitel“. Diese Unternehmen haben meist schwache Finanzkennzahlen oder erwirtschaften Verluste. Häufig befinden sich diese Unternehmen in einer starken Entwicklungsphase. Nach Abzug von Investitionen wird möglicherweise über Jahre hinweg mehr ausgegeben denn eingenommen und die Unternehmen sind ggf. auf weitere Kapitalzufuhren angewiesen. Wachstumsunternehmen haben jedoch gemein, was vielen Qualitätstiteln fehlt: Stark zunehmende Umsätze auf meist ebenfalls stark wachsenden Märkten und eine wachsende Organisation. Wachstumstitel werden gekauft, da von immer besser werdenden Ertragszahlen und einer anhaltend positiven Berichterstattung ausgegangen wird, die eine Steigerung des Börsenkurses rechtfertigen.
- Momentum
Momentum-Investoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie unabhängig von der Frage einer fundamentalen Bewertung agieren, vielmehr auf einen richtigen Einstiegsmoment abzielen. Die anzutreffenden Begründungen für den richtigen Zeitpunkt sind sehr breit gefächert. Es können Einschätzungen über Handelsvolumen, Angebot und Nachfrage oder bevorstehende Nachrichten einen Ein- oder Ausstieg begründen. Chartisten analysieren den Verlauf von Kursen und handeln entlang von identifizierten Mustern. Momentum-Investoren sind Händler, die das Verhalten des Marktes antizipieren, Unternehmenswerte spielen keine Rolle.