Die freien Cashflows vor Finanzierung über den Planungshorizont und der Terminal Value am Ende der letzten Planungsperiode stehen den Kapitalgebern zur Verfügung und ergeben die Diskontierungsreihe.
In der letzten Planungsperiode sind der Freie Cash Flow vor Finanzierung (LTM+10) und der Terminal Value zu addieren.
Liegen gewichtete Kapitalkosten (WACC) zur Nutzung als Diskontierungsfaktor vor,
kann die Berechnung eines Barwertes der Diskontierungsreihe durchgeführt werden.
Um den Barwert der Diskontierungsreihe zu berechnen, nutzt in EXCEL die Formel zum Nettobarwert. Die Formel „NBW“ liefert den Nettobarwert (Kapitalwert) einer Investition auf der Basis eines Abzinsungsfaktors für eine Reihe periodischer Zahlungen.
Als Abzinsungsfaktor ist der hergeleitete Diskontierungsfaktor WACC (gewichtete Kapitalkosten) einzusetzen.
Nunmehr stellt sich die Frage, ob der zum Bewertungsstichtag hergeleitete Diskontierungsfaktor für alle Planungsperioden Verwendung finden soll oder ob sich dieser im Zeitablauf ändert.
Mithin stellt sich die Frage, ob die Diskontierungsreihe mit dem aktuellen WACC zu diskontieren ist oder ob über den Planungshorizont jährlich unterschiedliche WACC zu ermitteln und einzusetzen sind.
Kapitalkosten im Zeitablauf
Sollte WACC im Zeitablauf angepasst werden? Hierfür ist es erforderlich, die Komponenten der gewichteten Kapitalkosten (WACC) zu prognostizieren. Was davon ist möglich und was macht Sinn?
Eine Prognose des risikolosen Zinssatzes oder der (impliziten) Risikoprämie eines etablierten Aktienmarktes ergibt wenig Sinn. Liegt eine solche Meinung vor, kann in diverse direkte Finanzprodukte investiert werden. Zinsmeinungen sind bewertungstechnisch mühselig, das jeweils aktuelle Zinsniveau ist die beste Prognose.
Hingegen kann es gewollt sein, die zukünftige Umsatzverteilung nach Branchen oder Absatzmärkten auf Basis belastbarer Informationen im Zeitablauf anzupassen. Wie erläutert würden sich das relative Risiko (veränderte Gewichtung von Branchenbetas) oder die regional angepasste Risikoprämie ändern.
Die vorgestellte Vorgehensweise erlaubt die Ausübung von bewertungstechnischer Kontrolle. Ist Teil der Equity-Story und der unterstellten Wachstumsrate, dass z.B. (Alphabet) in 5 Jahren 20% seines Umsatzes mit Elektroautos erzielt, kann das gewichtete Branchenbeta angepasst werden.
Soll eine relative Absatzverschiebung nach China unterstellt werden, kann die regionale Risikoprämie wie erläutert angepasst werden.
Hingegen liegt eine Meinung zur Änderung des zukünftigen Grenzsteuersatzes typischerweise nicht vor. Wie erläutert wirkt der Grenzsteuersatz auf die Fremdkapitalkosten nach Steuern im WACC.
Als die Trump-Administration 2018 die Steuern für US-Amerikanische Unternehmen reduzierte, waren in den Bewertungen die prognostizierten Cashflows und die gewichteten Kapitalkosten anzupassen. Die Konsequenzen waren am Kapitalmarkt erkennbar.
Anstehende Steuersenkungen oder Steuererhöhungen können im DCF-Modell abgebildet werden. Für die Zukunft sind diese ungewiss. Banker und Manager haben keinen Informationsvorsprung.
Zielkapitalstruktur
Als Komponente der WACC verbleibt sodann das Verhältnis der Werte des Fremdkapitals zum Eigenkapital. Die hergeleiteten WACC basieren auf dem zum Bewertungsstichtag möglichst aktuellem Verhältnis.
Ist das aktuelle Verhältnis der Marktwerte nachhaltig und gar für die Ewigkeit zu unterstellen? Die Antwort ist in der Regel schwer zu beantworten, vom Management abhängig und ein weiterer Beleg, dass Banker kein Informationsvorsprung auf die relevante langfristige Sicht haben.
Bedeutsam ist die Feststellung, ob der aktuelle Verschuldungsgrad (Fremdkapitalwert/Unternehmenswert) sich von der Historie oder z.B. vom Branchendurchschnitt in besonderer Weise abhebt.
Plausibel ist der Ansatz, einen aktuell ggf. besonders hohen oder niedrigen Verschulungsgrad im Zeitablauf mindestens der Historie anzupassen. Das YCV-Modell schlägt für LTM+10 einen Verschuldungsgrad unter Berücksichtigung der Historie und des Branchendurchschnitts vor. Das ist das Zielbild und der aktuelle Verschuldungsgrad kann linear dorthin entwickelt werden.
Auf dieser Weise wird sichergestellt, dass ein auf Dauer angemessener „Leverage“ in den WACC berücksichtigt wird und eine ggf. ungewöhnliche Struktur der Passivseite im Zeitablauf angepasst wird.
Gerade bei Wachstumstitel ist der aktuelle Verschulungsgrad oftmals sehr ungewöhnlich. Sobald das Unternehmen reif geworden ist, darf eine „eingeschwungene“ Verschuldung unterstellt werden.
Grundsätzlich erscheint es mühselig, Prognosen über die zukünftige Kapitalstruktur zu treffen. Zur Beurteilung hilft die Historie und zum Verständnis der Hinweis, dass das zukünftige implizit unterstellte Fremdkapital beim Entity-Ansatz keinen direkten Einfluss auf den berechneten Enterprise Value ausübt und sich die Wirkung auf die Gewichtung in den WACC beschränkt. Erscheint die Gewichtung in LTM nachhaltig, besteht kein Handlungsbedarf.
Wie erläutert kann sich das relative Risiko eines Unternehmens durch Eintritt in neue Branchen oder durch sich verändernde Absatzmärkte angepasst werden. Anpassungen können an dieser Stelle vorgenommen werden, so dass die geplanten Zahlungsströme dem Risiko angemessen diskontiert werden.
Vorsicht ist geboten, wenn ein Unternehmen schrumpft und auch für die Planung rückläufige Umsätze und Ergebnisse prognostiziert werden. Es ist zu bedenken, dass sich solche Unternehmen in Zukunft weniger hoch fremdfinanzieren können.
Der jährliche Anteil des Fremdkapitals („Leverage“) wirkt in jeder Periode auf das Relevered Relative Risiko („relevered Beta“) und verändert die Eigenkapitalkosten. Je höher ein Unternehmen sich verschuldet, desto risikoreicher wird es eingeschätzt.
Eine akademische Lehre in der Finanzwissenschaft besagt, dass positive Effekte einer höheren Verschuldung durch erhöhte Eigenkapitalkosten ausgeglichen werden („Miller Modigliani“). Ein Unternehmenswert sei demnach unabhängig von der Finanzierung.
Vorgenanntes ist in der Praxis umstritten und sei an dieser Stelle nicht weiter beleuchtet. Vielmehr ist offenkundig und im YCV-Modell angelgt, dass eine höhere Verschuldung zwar den Fremdkapitalanteil im WACC erhöht (werterhöhend), gleichzeitig aber die das Bewertungsbeta und damit die Eigenkapitalkosten anhebt (wertreduzierend).